Störungsverlauf von Mutismus und Erkennungsmerkmale
„Es wäre großartig gewesen, wenn man gerade am Anfang Jemanden hätte, der einen an die Hand nimmt und erklärt und aufklärt, welche Therapieform hilfreich ist. Unsere inzwischen 12-jährige Tochter wären 7 Jahre sinnlose Therapie erspart geblieben.“ Familie L. aus der Schweiz
Was war geschehen?
Schon sehr früh zeigte sich eine kommunikative Unsicherheit, eine Kontaktscheu. Im Kindergarten sprach das Mädchen nicht, später auch nicht in der Schule. Sie verständigte sich über Mimik/Gestik und später im Verlauf einer Psychotherapie anhand einer Fingerpuppe, die sie vor den Mund hielt. Wenn dieses Püppchen vor ihrem Mund plaziert war, konnten einzelne Wörter flüsternd gesprochen werden. Trotz zahlreicher Therapien (1 Jahre Logopädie, 5 Jahre Psychotherapie, 1 Jahr Sprachtherapie) wurde der Mutismus nicht behoben.
Die Eltern wandten sich 2014 an das MBZ in Deutschland. Das Mädchen nahm an der Therapie nach der MUTARI®-Methode teil und nach zwei Therapieeinheiten, von je drei Wochen, sprach das Mädchen mit normaler Stimme in der Schule und in der Außenwelt.
Wie sieht ein möglicher Störungsverlauf aus?
Häufig fällt es im Kindergarten auf, dass sich das mutistische Kind schwer von den Eltern lösen kann, sich passiv-abwartend verhält, in der Beobachterrolle bleibt, keinen Kontakt zu anderen Kindern sucht, Spielangebote abwehrt und nicht mit den Kindern, sondern neben den Kindern spielt. Eine Vielzahl der mutistischen Kindern vermeidet in der Öffentlichkeit zu essen und zu trinken sowie den Toilettengang.
Manchmal erzählen die Eltern, dass ihr Kind bereits als Kleinkind eine erkennbare Kontaktscheu zeigte. Sie berichten auch, dass ihr Kind bei sprachlichen Anforderungen erstarrt, sich versteckt, den Blick abwendet oder senkt, die Mimik erstarrt – ein leerer Blick einkehrt. Eltern beobachteten auch, dass ihr Kind die Stimme beim Sprechen verändert, z.B. zu hoch und/oder verzerrt spricht, Laute und Geräusche zur Kommunikation einsetzt oder plötzlich beginnt zu flüstern z.B. in das Ohr eines Elternteiles.
Die Unsicherheit im Umgang mit Gleichaltrigen und das Schweigen diesen gegenüber führt bei potientiellen Spielkameraden ebenfalls zur Verunsicherung, zu Hilflosigkeit, zu Unverständnis bis hin zur Ablehnung, mit dem mutistischen Kind zu spielen. Manch mutistisches Kind wird von vermeintlich starken Kindern „adoptiert“; sie sprechen dann für das mutistische Kind, schützen es vor Anforderungen. Doch diese „Helferkinder“ verfestigen oft das mutistische Verhalten.
Im weiteren Verlauf der Störung ist manchmal eine Einengung der geistigen und sozialen Entwicklung zu beobachten.
Die Familie zentriert ihre Bedürfnisse oftmals um das mutistische Kind, das sich zu Hause im Gegensatz zur Außenwelt häufig völlig ungehemmt und dominant verhält (Melfens S. und Warnke A. 2007, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychother. 35(6).